Das Notizbuch mit bordeauxrotem Einband hält auf linierten Seiten fest, was den Schlossbewohnenden auf Schloss Chartwell (südlich von London) zwischen dem 5. Mai 1951 und dem 15. Oktober 1951 aufgetischt wurde.
Die handschriftlichen Einträge stammen aus der Feder von Liselotte Kaufmann-Sigrist. Die damals 19-Jährige Frau aus Ebikon arbeitete zwischen 1951 und 1952 auf dem Schloss Chartwell als Hilfsköchin. Sie bekochte dabei nebst den Schlossgästen den britischen Premierminister, Sir Winston Churchill, der an den Wochenenden dort residierte.
Zu diesem ungewöhnlichen Job kam Frau Kaufmann durch ihre Hauswirtschaftslehrerin Lilly Wyss. Diese hatte sich über ein Reisebüro auf eine Auslandsstelle beworben und bekam den Job als Köchin auf Schloss Chartwell. Da Frau Wyss Unterstützung in der Küche gebrauchen konnte, fragte sie eine ihrer besten Schülerinnen, Liselotte Kaufmann, ob sie als Hilfsköchin mitkommen möchte.
Bei vielen Kochbucheinträgen findet man Menüs mit «chicken», was vermutlich auf die Lebensmittelrationalisierung zurückzuführen ist. Die Pouletknochen, so verriet Frau Kaufmann, warf Churchill jeweils unter den Tisch für seinen Pudel «Rufus». Als Dessert mochte er besonders die Caramellköpfli, Meringues oder Biskuits der beiden Schweizerinnen.
Nach den 1.5 Jahren in England musste Liselotte Kaufmann jedoch wieder nach Hause, weil sie im elterlichen Restaurant gebraucht wurde. Mit im Gepäck trug sie eine bunte Sammlung an Erinnerungen – unter anderem Fotos und Grusskarten, ein Autogramm vom Churchill und sogar ein paar originale Stumpen aus dem Besitz des Premiers. Vor Kurzem schenkte ihre Familie diese Schätze dem Historischen Museum.
Trouvaillen aus den Luzerner Museen, Historisches Museum, 13.10.2021
Autorin: Marisa Sigrist, Historisches Museum Luzern
Foto: © Historisches Museum Luzern